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Die One Bull Shirt Story

In unserer Vereinschronik findet sich ein Bild unseres Ehrenmitglieds, dem Schriftsteller Friedrich von Gagern. Es trägt die Worte „One Bull“ quer über der Brust. Was hat es damit auf sich? Recherchen brachten Spannendes zu Tage! Das Shirt hat eine aufregende Geschichte und eine abenteuerliche Reise hinter sich.

Zunächst fragt man sich: Wer war One Bull? – Die Antwort hierauf ist leicht.

One Bull, manchmal auch Lone Bull genannt [ Lakota: Tȟatȟáŋka Waŋžíla; um 1853–1947), später bekannt als Henry Oscar One Bull, war ein Lakota-Sioux, sowie Neffe und Adoptivsohn von Sitting Bull. Er kämpfte in der Schlacht am Little Bighorn und gab in seinen späteren Jahren Interviews über sein Leben als Krieger.

Seine Mutter war Sitting Bulls Schwester Good Feather, sein Vater war Makes Room und sein Bruder war White Bull. 

One Bull wurde 1857 im Alter von vier Jahren von Sitting Bull adoptiert.  One Bull erinnerte sich, dass Sitting Bull ihm ein Pinto-Pony geschenkt hatte, als er etwa sechs Jahre alt war. One Bull nannte das Pony Itanchan oder Häuptling. Er behandelte das Pferd gut, peitschte es nie und misshandelte es auch nicht auf andere Weise, so dass es zum „schnellsten Läufer im Lager, zum Neid aller und zum Gegenstand vieler abgelehnter Kaufangebote“ wurde.

One Bull war ein Heyoka, einer, der von Donnervögeln geträumt hatte.

One Bull

One Bull nahm 1876 an der Schlacht am Little Bighorn teil. Er kam mit seinem Pferd und Sitting Bulls an. Er brachte seine Mutter in Sicherheit und schloss sich dann dem Kampf an. Sitting Bull sagte zu ihm: „Fürchte dich nicht. Geh direkt rein.“ One Bull erzählte, er habe in der Schlacht mehrere flüchtende Soldaten getötet.   Er trug den Schild seines Onkels während der Schlacht am Little Bighorn. Nach der Schlacht schloss er sich seinem Onkel auf der Flucht nach Kanada an.

Sitting Bull und seine Neffe One Bull

In den folgenden Jahren genoss er bei den Plains-Indianern hohes Ansehen für die Rettung eines Kriegers namens Good Bear Boy.

Darstellung der Custer-Schlacht. One Bull nutzt piktografische Methoden, um diese Szene darzustellen. Er stellte jedes Pferd sorgfältig dar und lieferte Details zu wichtigen Gegenständen wie dem Schild von Sitting Bull.

Sitting Bulls Truppe blieb im „Land der Großmutter“, (Queen Victoria) bis er 1881 in North Dakota kapitulierte. One Bull stand Sitting Bull bei seiner Kapitulation zur Seite. Später widersprach er der Erzählung, die Sitting Bull bei seiner Kapitulation gesagt hatte: „Es soll festgehalten werden, dass ich der letzte Mann meines Volkes war, der meine Waffe niederlegte.“ One Bull berichtete, dass Sitting Bull schwieg.

One Bull, der nördlich von Fort Yates Fracht transportiert hatte, war in der Nacht vor dem Massaker von Sitting Bull zurückgekehrt. Seine schwangere Frau Red Whirlwind hatte in Sitting Bulls Hütte geschlafen. Als One Bull die Schüsse hörte, eilte er zur Hütte und brachte seine Frau in Sicherheit, die den Schüssen entkommen war und erst nach dem Abzug der Truppen zu Sitting Bulls Haus zurückkehrte.

Nach dem Tod von Sitting Bull berichtete One Bull, dass alle seine persönlichen Haushaltsgegenstände und einige seiner Pferde gestohlen wurden.  One Bull soll 1929 bei der Standing Rock Agency gelebt haben, wo er in Stammesangelegenheiten eine herausragende Rolle spielte.

Er gab Interviews über seine Erfahrungen mit Sitting Bull, ebenso wie sein Bruder White Bull, ein berühmter Lakota-Krieger und Hauptautor der Biografie ihres Onkels von Stanley Vestal.

One Bull mit dem Shirt

Eine Prinzessin holt das Shirt nach Bayern

Was wir aus vereinsinternem Wissen und durch Recherchen des Hobbyhistorikers Volkmar Göschka rekonstruieren konnten:

Das Shirt von der bayerischen Prinzessin Therese von Bayern nach München gebracht.

Therese von Bayern 1850 -1925

Sie war eine ungewöhnliche, mutige und kritische Frau, eine Forscherin und leidenschaftliche Weltenbummlerin und eine emanzipierte Prinzessin. Therese Charlotte Marianne Auguste von Bayern sprach 12 Sprachen, ging auf Expeditionen nach Skandinavien, Russland, Nord- und Süd-Amerika, paddelte über den Amazonas, zeltete bei Nomaden und kraxelte auf Berggipfel.

1893 reiste sie in die USA. Die Sammlung von Kunst- und Handwerkserzeugnissen, die sie von dort mitbrachte, bereichert heute das Museum Fünf Kontinente in München (vormals „Völkerkundemuseum“).

In den Ankaufbüchern des Museums sind die Objekte der Therese von Bayern genauestens vermerkt. Daraus geht hervor, dass das Shirt „bei Fort Yates“ erworben worden war.

Handschriftliche Einträge über das Shirt in der Therese von Bayern Sammlung im Bestandsbuch des Völkerkundemuseums München (heute: Museum Fünf Kontinente)

Nach einer Dokumentation über Therese von Bayern „Ich bleibe ein Wesen eigener Art“ (München 1997, S.72 ff.) wurde die Jacke durch sie am 1. August 1893 bei einem Abstecher von Bismarck, North Dakota zur Standing Rock Reservation in Fort Yates erworben. Für 48 Sioux-Objekte bezahlte sie $43.95. Die meisten kaufte sie von weißen Händlern im Agency Store. Nur drei Objekte erwarb sie direkt von Indianern.

In den Aufzeichnungen des Völkerkundemuseums findet sich ferner ein später gemachter Vermerk über einen Tausch:

1932-21-04      F. X. Lehner Tausch am 13. 5. 1932 gegen One Bull-Jacke (Sammlung Therese v. Bayern)

                            Tauschobjekte:            Federschachtel Maori

                                                                Wiege Lappen

                                                                Mieder Hererofrau

                                                                Beinschmuck Herero

Franz Xaver Lehner, ein CCM-Mitglied, Vereinsname „Karibou,“ geboren 1887 war passionierter Fotograf und als Historiker der Hobby Szene bekannt. Zu seinem Freundeskreis zählten unter anderem Elk Eber, Vittorio Güttner und auch der 1947 verstorbene Schriftsteller von Gagern. So ist anzunehmen, dass von Gagern das Shirt auf der Fotografie in unserer Chronik von Lehner geliehen bekommen hat.

Aus der Chronik des CCM: „16. Dez. 37. Frh. V. Gagern u. Schriftsteller Herr Dr. Riederer“

Elk Eber schrieb schon am 29. Mai 1932 in einem Brief an Patty Frank (Leiter des Karl-May-Museums Radebeul und ebenfalls Ehrenmitglied im CCM):  

„Das Jagdhemd des One Bull, das Sie eintauschen wollten, hat sich Xaver Lehner für einige afrikanische Stücke eingetauscht. Der Junge hat Schwein – ich hätte es auch selbst gerne gehabt.“

Offensichtlich war die Jacke für alle Sammler ein begehrtes Objekt und Lehner hatte damals die richtigen Tauschobjekte für das Museum.

Franz Xaver Lehner

Nach dem Ableben von Lehner im Jahre 1963 galt das Shirt bei den Clubmitgliedern als verschwunden. Man nahm an, dass er mit diesem Kleidungsstück beerdigt wurde.

Von Gagern mit Mitgliedern des CCM und dem Vorsitzenden Fred Sommer (unten links).
Im Hintergrund Lehner mit dem One Bull Shirt

Dem war allerdings nicht so, denn das Shirt wurde schließlich dem CCM mit weiteren Gegenständen von den Erben Lehners zum Kauf angeboten. Es wird die Summe von 30.000 DM für den Ankauf genannt. Der CCM konnte die Summe damals nicht aufbringen.

Das Shirt erwarb daher unser Ehrenmitglied, der Sammler Heinz Bründl. („Sammlung Bründl“). Heinz Bründl verkaufte das Shirt weiter an seinen aktuellen Besitzer, Sammler und Karl May Experten Stefan Wunderlich aus München.

Das Shirt heute.Foto: © Stefan Wunderlich

Wunderlich beabsichtigt zu diesem Shirt eine Abhandlung zu schreiben und man darf gespannt sein, wie sich die noch vorhandenen Wissenslücken füllen werden.

Herzlicher Dank für die Mithilfe bei dieser Recherche geht an unser Ehrenmitglied Herbert „Billy“ Köpf, den Sammler Stefan Wunderlich, unseren Vorsitzenden Gerhard Lack, unser Mitglied Uli Ziegler sowie den Hobbyhistoriker Volkmar Göschka.